Die Pressekonferenz vom 10.5.2021 hier zum Nachsehen.
Wien, Sigmund-Freud Park (OTS) – Aufgrund der Ereignisse des polizeilichen Angriffs auf die von uns angemeldete Kundgebung im Votivpark laden wir, die ÖH der Akademie der bildenden Künste Wien zu einer Pressekonferenz ein.
Im Zuge der angemeldeten Kundgebung im Rahmen des MAYDAY 2021 kam es zu massiven Eingriffen in die Kundgebung und Angriffen auf Kungebungsteilnehmer_innen.
Wir wollen daher im Rahmen der Pressekonferenz die Geschehnisse betrachten und Konsequenzen einfordern.
Moderation: _willi Hejda (ÖH, stellv. Senatsvorsitz Akademie der bildenden Künste Wien), Kundgebungsteilnehmer_in
Teilnehmer_innen Podium:
Lars Kollros (ÖH Akademie der bildenden Künste Wien), Amelder_in
Nurten Yilmaz (SPÖ), Abgeordnete zum Nationalrat
Lena Köhler (Grüne), stellvertretende Bezirksvorsteherin im 8. Bezirk
Angelika Adensamer (Links), Sprecher_innenteam Links
Weitere Personen werden noch bis Montag auf der Webseite ergänzt.
Die Pressekonferenz findet am Montag, den 10.05. um 09h30 im Atelierhaus der Akademie der Bildenden Künste Wien (1060 Wien, Lehargasse 8 / 2.Stock / Mehrzwecksaal) statt.
Statement von Lars* Kollros, Vorsitzteam Hochschüler:innenschaft an der AkBild
Vielen Dank auch von mir, dass Sie zu unserer Pressekonferenz gekommen sind. Viele von Ihnen haben ja schon über die Ereignisse berichtet.
Der Rechtsstaat in Österreich ist derzeit an mehreren Stellen in Gefahr. Ein ganz besonderes Gut stellt in einem Rechtsstaat die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit dar.
Am ersten Mai hielten wir mit der MAYDAY erneut eine große und friedliche Demonstration mit feministischem Block an der Spitze von Ottakring zum Sigmund Freud Park ab. Die Demonstration wurde von einem breiten Bündnis getragen und von mir, in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der ÖH.akbild angemeldet. Ich war auch Versammlungsleiter. Der Demonstration wurden übrigens vom Einsatzleiter bereits zu Beginn gewalttätige Ziele unterstellt – wovon im Vorgespräch übrigens wenige Tage zuvor noch keine Rede war. Im Sigmund Freud Park begannen wir, wie geplant, mit unserer Abschlusskundgebung.
Nachdem ein Transparent an einem Baugerüst vor der Votivkirche von unbekannten Aktivist:innen entrollt wurde gab es verstärkte Polizeiaktivitäten am Rande der Kundgebung im Votivpark. Immerhin verdeckte das Transparent ja die obere Ecke einer Werbeanzeige. Ich schickte also Ordner:innen dem nachzugehen und nach beunruhigenden Meldungen über polizeiliches „Chaos“ beim Votivpark unterbrachen wir die Redebeiträge und ich ging selbst zur Votivkirche.
Auf dem Weg kam mir bereits eine meiner Ordner:innen mit blutendem Gesicht entgegen und berichtete mir, dass die Verletzungen von der Polizei stammten. Die Lage im Votivpark war in der Tat sehr unübersichtlich. Von der Polizei erhielt ich keine Auskünfte darüber, was gerade die Einsatzlage wäre, jedoch drängten mich verschiedene scheinbar leitende Polizeibeamte dazu die Kundgebung aufgrund von Polizeimaßnahmen NEBEN der Kundgebung aufzulösen. Die klaren polizeilichen Kommandostrukturen an diesem Nachmittag sind mir bis heute nicht klar. Nachdem ich mich weigerte wurde mir und weiteren Kundgebungsteilnehmer:innen die direkte Rückkehr zum Kundgebungsgelände durch eine große Polizeikette verweigert und wir mussten einen Umweg zurück zum Kundgebungsort nehmen.
Im Sigmund Freud Park saßen zu diesem Zeitpunkt viele Menschen auf dem Rasen, darunter viele Familien mit Kindern. Es war ein sonniger Tag und die Leute folgten der Abschlusskundgebung oder verbrachten einfach nur einen entspannten Nachmittag in der Sonne.
Auf dem Rückweg zum Lautsprecherwagen sah ich bereits, wie die Polizei das Kundgebungsgelände stürmte. Es gab keine Durchsagen, keine Rücksprache mit mir und keine polizeiliche Auflösung der Kundgebung. Es sah für mich aus, als würde die Polizei das Gelände räumen, wobei gleichzeitig Gruppen von Polizeibeamt:innen Hetzjagden auf einzelne Personen machten. Es brach Panik im Park aus.
Was mich besonders schockierte war die scheinbare Wahllosigkeit mit der die Polizei Jagd auf Menschen machte. Es schien als würden Menschen gejagt, nur weil sie panisch losrannten. Ich habe beobachtet, wie die Polizei gezielt Kamerajournalist:innen mit Pfefferspray angriff und wie unbeteiligte Personen einfach zu Boden geschubst wurden. Über derartige Vorkommnisse gibt es zahllose Berichte und Videoaufnahmen. Mir kamen während der Vorfälle Berichte zu Ohren wonach Neonazis die Kundgebung angegriffen hätten, was zu dem Chaos im Votivpark geführt hätte.
Im Nachhinein stellte sich bekanntermaßen heraus, dass es sich dabei um Zivilpolizisten handelte, die vorher auf der Kundgebung der Coronaleugner eingesetzt wurden und entsprechend angezogen waren. Es existieren Aufnahmen, wie mindestens einer dieser Zivilpolizisten verhaftet wurde.
Eine Fotografin und Studierende der Akademie wurde brutal an den Füßen von einem Auto gezerrt und verhaftet, wobei sie sich verletzte und ihre Kameraausrüstung beschädigt wurde.
Unser Lautsprecherwagen wurde ebenfalls mit Pfefferspray angegriffen, unser Infotisch wurde zerstört.
Unsere Kundgebung konnten wir erst nach einiger Zeit und nach vielfacher Aufforderung meinerseits über unsere Lautsprecheranlage an die Polizeikräfte die angemeldete Kundgebung zu verlassen weiter durchführen. Um kurz darauf erneut durch viele Polizeikräfte gestört zu werden, die Personalien von Kundgebungsteilnehmer:innen aufnahmen, welche vermeintlich den Mindestabstand trotz FFP2-Maske unterschritten. Dafür wurden für etwa 200 Kundgebungsteilnehmer_innen ungefähr die doppelte Zahl der Polizist:innen eingesetzt und so die Kundgebung verunmöglicht.
Verschiedene Einsatzleiter der Polizei stellten auch immer wieder den Kundgebungscharakter in Frage und ich wurde immer wieder dazu gedrängt die Kundgebung aufzulösen.
Nach dieser weiteren mehrstündigen Schikane entschlossen wir uns die eigentlich bis 22 Uhr geplante Kundgebung bereits um 20 Uhr zu beenden.
Ich persönlich habe ein derartiges polizeiliches Fehlverhalten und polizeiliches Chaos bisher nur während dem G20-Gipfel in Hamburg beobachtet, den ich damals journalistisch begleitete. Und auch damals stellte sich die politische Führung vorbehaltlos und treudoof hinter eigenmächtige Polizeientscheidungen.
Die Eskalation und der genaue Zeitliche Ablauf müssen dringend von unabhängiger Stelle aufgeklärt werden. Polizeiliches Fehlverhalten muss klare Konsequenzen haben.
Denn gerade beim Gewaltmonopol der Polizei braucht es kritische, objektive und gründliche Kontrolle statt blindem Vertrauen. Es braucht eine unabhängige Beschwerdestelle und Ermittlungsbehörde.
Statt neuer „mannstoppender“ Munition brauchen wir eine Abrüstung der Polizei. Statt ziviler Tatbeobachter oder gar Provokateure brauchen wir deeskalative Einsatztaktiken. Wir brauchen umgehend eine Kennzeichnungspflicht der Polizei.
Polizist_innen sollen sich nicht bewaffnet auf Demonstrationen bewegen.
Polizei und Versammlungsbehörde müssen klar getrennt werden.
Statt einer Militarisierung der Polizei sollen Mittel verstärkt in Sozialarbeit und soziale Stadtteilprojekte investiert werden.
Wie der Bundespräsident vergangene Woche feststellte, gilt die Verfassung für alle Menschen in Österreich – auch für den Finanzminister und auch für die Polizei.
Daher unterstützen wir auch die Kampagne Defund the Police.